Portugal

Es ist Anfang November. Die Reifen unseres kleinen Mietautos quietschen in den nicht aufhören wollenden Kurven der engen Strassen durch die Serra da Estrela. In Tausendfünfhundert Metern ist Portugal schon empfindlich kalt - eben sind wir noch kurzärmlich durch Lissabon geschlendert - hier oben trägt eisiger Wind klirrende Kälte durch die Schluchten und lässt tropfendes Wasser an den Quellen gefrieren. Minus 5°C zeigt das Außenthermometer unseres Wagens - die geplante Wanderung auf dem Estrelagipfel vereitelt sich in ein Türauf- und schnell wieder Zuklappen. Wir haben wohl noch die falsche Kleidung an. Wir eilen nach S. Lourenço um uns am Kamin der Pousada für die Nacht aufzuwärmen und vom lokalen Amanteigado-Schafskäse zu naschen.

In den Tälern war es noch mollig warm gewesen und selbst in 500 Metern hingen noch seltene Rebsorten an den Weinstöcken. Dafür ist Portugal bekannt - 500 Sorten, die es nur noch in Portugal gibt - dafür gibt es leider extreme Schwankungen in der Weinqualität. Klar, gibt es nichts Erfrischenderes als einen Vinho Verde leicht und mit knackig betonter Säure am Sommerabend auf der Restaurantterrasse mit Blick auf das Meer oder ein Moscatel de Setúbal zum Dessert. Und doch muss die Sorte im nächsten Jahr nicht genauso gut schmecken wie im Jahr zuvor. Das ist hier extremer als in anderen Ländern. Trotzdem ist das Interesse an Portugiesischem Wein entflammt - winemaker aus Australien und Frankreich basteln an der Qualität.

Am nächsten Morgen kommen wir von den schroffen Klippen zurück in dichten Wald: Serra do Buçaco lässt das Dão-Gebiet hinter sich und gibt einen wunderschönen Blick auf das Beirrada-Tal frei. Heiße Quellen laben müde Knochen, ein verspieltes Schloss im neomanuelitischen Zuckerbäckerstil lädt im Park zum Verweilen ein. In der extravaganten Lounge ist die Zeit stehen geblieben. Das Schloss war das für Carlos I., den letzten König Portugals, bestimmte Jagdschloss. Er hat nie darin gewohnt. Seit 1910 dient es als Palace Hotel. Es zählt zu den schönsten Hotels der Welt und ist durch eine gewisse Exzentrik gekennzeichnet: In seinen Kellern reift ein außergewöhnlicher Wein, der als Branco und Tinto abgefüllt wird. 40.000 Liter Wein werden pro Jahr von neun Hektar Rebfläche bei Curia hergestellt. Die weiße Reserva wird nach zwei bis drei Jahren Fass auf die Flasche gezogen, die rote Reserva verweilt vier bis fünf Jahre im großen Fass.

Die Exzentrik des Hotels besteht darin, dass der Wein nur im Hotel selbst genossen werden kann - sonst nirgends auf der Welt wird dieser Wein verkauft - ein wahrlich ausgetüfteltes Marketingkonzept aber auch ein Garant für ideale Lagerung, so dass man eben auch noch die ganz alten Jahrgänge genießen kann. Im Keller lagern noch Rote von 1927 und Weiße von 1944. Wir probieren den Buçaco Branco von 1965 und sind tief beeindruckt. Schade, dass die Hotelküche mit dem exzellenten Wein nicht mehr mithalten kann.

Kommen wir vom trocknen Weißwein zum Dessertwein, der nicht nur zum Dessert oder als Aperitif genossen sondern auch mit Gänsestopfleber oder Roquefort-Käse in die Menüfolge montiert werden könnte. Portugal wartet mit drei Spezialitäten auf: der von den Engländern geliebte Port, der für viele Saucen zum Verfeinern verwendete Madeira und dem noch süßeren Moscatel de Setúbal.